Woher kommt der Square Dance?
Kurz gesagt haben die europäischen Auswanderer, in den wilden Westen ihre Volkstänze mitgenommen. Daraus hat sich dann im Laufe der Zeit der Square Dance entwickelt. Nach dem 2. Weltkrieg brachten die amerikanischen Soldaten den Square Dance nach Europa. Also ist Square Dance eigentlich ein Reimport alter europäischer Volkstänze. Insbesondere den englischen Country Dances und dem Appalachian Big Circle Dance.
Ganz so einfach ist die Geschichte aber dann doch nicht, denn der Wilde Westen hatte seine Wirkungen und zu Beginn des 20. Jahrhunderts wäre die Basis für den heutigen Square Dance, als ein wertvolles Kulturgut fast verloren gegangen. Auch Kriege haben sich mehrmals auf die Tanzkultur ausgewirkt. Deshalb lohnt es sich diese spannende Geschichte etwas genauer zu kennen.
Am Anfang war der Volkstanz
Die tänzerischen Urgroßeltern des Modern American Square Dance sind die englischen Morristänze und die höfischen Tänze der französischen Königshäuser, aus dem 14. Jahrhundert, sowie einige andere europäische Volkstänze, zum Beispiel aus Friesland. Aus den englischen Tänzen entwickelten sich die English Country Dances, die französischen Hoftänze wurden zur Quadrille. Aus diesen Tänzen stammen viele Figuren, die wir noch heute im Modern American Square Dance tanzen.
So stammen Kreise, Sterne, Wellen und verschlungene Tanzwege, die zur Musik passen, aus dem Country Dance. Indem ersten heute noch bekanntem Buch über Country Dance von John Playford, aus dem Jahre 1651, beschrieb er einheitliche und variable Abläufe, zu denen es feststehende Begriffe gab. Es war also schon damals eine voll entwickelte Tanzart. Bereits in der ersten Ausgabe sind die unterschiedlichen Wurzeln erkennbar. So beschreibt er zum Beispiel Aufstellungen, in denen die Männer auf der einen Seite und die Frauen auf der Anderen stehen. Beschrieben sind hierin aber auch Aufstellungen, in denen vier Paare überkreuz stehen, also die Quadrillen- beziehungsweise die Squareformation bilden.
Als reiner Volkstanz geht auch der Appalachian Big Circle Dance auf englische Ursprünge zurück. Hierbei tanzen zwei Paare innerhalb eines größeren Kreises. Dabei wird schneller getanzt als bei Contredanse und Quadrille. Die Figuren und die Melodie sind nicht aufeinander abgestimmt und jede Figur endet mit einem Swing.
Tanzen im wilden Westen
Während der Besiedlung der „Neuen Welt“ seit circa 1550, begegneten sich die europäischen Auswanderer mit ihren Bräuchen und Kulturen. Dazu gehörten:
- Englische Morris- und Contratänze
- Französische Quadrillen und Minuets
- Nord- und südosteuropäischen Volkstänze
- Irische und ungarische Folkloremusik
Auf den langen Trecks der Siedler, brachten sich diese gegenseitig ihre Kulturen näher. Das so erworbene Wissen über andere Tänze, wurde von denen die weiterzogen, weitergegeben. So sind vermutlich die ersten Caller entstanden, die Tanzfiguren „sammelten“ und sie an andere weitergaben. Es entwickelten sich so an unterschiedlichen Orten regional verschiedene Tänze.
Auf den Bällen in Amerika wurde stets mit Gästen gerechnet, die nicht beim ortsansässigen Tanzmeister im Unterricht waren. Denn in den Vereinigten Staaten wurde mehr gereist, als in Europa. Diese Gäste kannten die am Ort üblichen Reihenfolgen der Figuren nicht. Der „Ballroom-Prompter“, der den Tänzern die nächste Figur zurief, war deshalb genauso wichtig wie das Orchester.
In Europa endete der 30-jährige Krieg 1648 und das Zeitalter des Rokoko begann. In dieser Zeit wurden in Frankreich die englischen Country Dances bekannt und beliebt. Es waren französische Tanzmeister die nach England reisten um diese Tanzart kennenzulernen. Frankreich übernahm in dieser Zeit in Europa die politische und kulturelle Frührung. Von 1651 bis 1715 war Ludwig XIV der absolute Herrscher. Weil seine Art der Hofhaltung in fast ganz Europa zum Vorbild wurde, wirkte sich das auch auf die Tanzkultur aus. Sprachlich veränderte sich der “Country Dance” zum “Contre Danse”, also dem „Tänze im Gegenüber“. Die Vorliebe der Franzosen galt weiterhin der Quadrillen-Aufstellung. Hierbei hat der Herr jeweils seine Dame an seiner Seite und die Paare behalten ihre Plätze.
Die Engländer hingegen tanzten immer mehr „Longways“. Bei diesen Gassentänzen stehen die Männer den Frauen gegenüber. Das galt so auch in den amerikanischen Kolonien, denn dort wurde genauso getanzt, wie im Mutterland. Dies änderte sich erst während des Sezessionskrieges, 1861 bis 1865. Als die englischen Kolonien militärische Hilfe aus Frankreich erhielten, gehörte es zum guten Stil, den französischen Tanzstiel dem Englischen vorzuziehen. So beeinflusste der Swing aus den Südstaaten, den Tanzstil der Nordstaaten. Umgekehrt wurden die Prompter/Caller, im Big Circle Dance und dessen Abkömmlingen übernommen.
Jäger und Siedler zogen Ende des 18. Jahrhunderts in das Tal der Ohio und gründeten Kentucky. Wegen der feindlichen Indianer, konnten sie ihre Tänze nicht mehr unter freiem Himmel tanzen, sondern nur noch im Schutz ihrer Blockhütten. So kam es aus Platzgründen zur Square-Aufstellung mit vier Paaren. Getanzt wurde in der Form des „Single Visiting Couple Square“. Hieraus leitet sich die bis heute gültige Nummerierung der Paare, rechtsherum in Tanzrichtung ab.
Cowboys und Farmer brachten diesen Tanzstil über den Missisippi bis nach Texas und die Rocky Mountains. In den Neu-England-Staaten und an den großen Seen, wurden Contras und Quadrillen getanzt.
So entstand im Laufe der Zeit durch unterschiedliche Einflüsse und deren Mischung eine neue, einzigartigen Tanz- und Musik-Kultur – dem Square Dance, als Tanzen mit Ansagen durch den Caller. Ab circa 1840 verdrängte in den europäischen Ballsälen die Polka und der Walzer die Volkstänze. In Amerika war dies nicht so. Denn die schnelle paarweise Drehung des Swing, war in die Quadrille und den New England Contra Dancing aufgenommen worden. So konnten sich diese Tänze gegen Polka und Walter behaupten.
Erste Hälfte des 20. Jahrhunderts
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts, änderte sich der Lebensstil in Europa und Amerika. Die Folklore und die Tanzschritte der Gemeinschaftstänze, gingen in den größeren Gemeinden fast vollständig in Vergessenheit. Nur in entlegenen wurden die uralten englischen und französischen Tänze noch weitergegeben und getanzt.
In den 20er Jahren fingen einige Persönlichkeiten an Informationen zum “Old-Fashioned Dancing” zu sammeln und für dessen Belebung aktiv zu werden. Zu diesen Amerikanern gehörten der Autokönig Henry Ford und seine Frau. Sie stellten in den Ford-Werken einen Tanzsaal mit Orchester zur Verfügung, Mit Benjamin B. Lowett holten sie 1923 einen Tanzmeister aus New Hampshire, zu sich nach Michigan und ließen 1926 ein Büchlein mit Tanzbeschreibungen drucken. Zusätzlich unterstützten sie Schallplattenaufnahmen und Radiosendungen, um auch hierüber die alte Folklore und die Quadrillen und Contratänze des 19. Jahrhunderts zu neuem Leben zu erwecken und in das Bewusstsein der amerikanischen Öffentlichkeit zu rücken.
Für den Square Dance konnten Henry Ford und Benjamin B. Lowett auch Menschen mit Einschränkungen gewinnen. Dazu gehörten Blinde, Hörbehinderte Bein-Amputierte mit Prothesen. Sie stellten dabei fest, dass sich das Tanzen positiv auswirkte auf
- das Gefühl für Gleichgewicht und Rhythmik
- die Haltung und Grazie
- die Manieren und das Verhalten
- das Selbstvertrauen und die Überwindung von Ängstlichkeit
Anfang der 30er Jahre tanzte der junge Schulrektor Liyod Shaw in Colorado Springs, mit seinen Schülern europäische Folkstänze. Dazu gehörten auch die durch Henry Ford bekanntgemachten Quadrillen. Dabei fiel im auf, dass es noch andere Arten des Square Dance gab, denn gerade in seiner Heimat war diese Tradition lebendig geblieben. Auch er begann Informationen hierzu zu sammeln und veröffentlichte 1939 sein Buch „Cowboy Dances“. Ergänzend gab er regelmäßig Seminare für Caller. Viele Institutionen folgten seinem Beispiel.
Lloyd Shaw nannte die von ihm verbreitete Tanzart Western Style Square Dancing, die sich bald zu einer eigenständigen Tanzform entwickelte. Weil der Ursprung aus zwei verschiedenen musikalischen Traditionen kam, entstand der Brauch, zwei Stücke in einem “Tip” zusammenzufassen. Der Petter Call, den wir auch heute noch als ersten Teil eines Tips tanzen, stammt aus der Tradition des Appalachian Dancing, Zu einer eher eintönigen Musik ruft der Caller seine Anweisungen in einer Art Sprechgesang aus. Hieraus leitet sich der Name ab denn Patter heißt Gequassel. Neu war, dass die Tanzfiguren sich nicht wiederholten, sondern ständig wechselten.
Der hierauf folgende Singing Call, hat seine Herkunft aus der Quadrille. Hierbei ist die Figurenfolge auf die Musik abgestimmt. Der Caller singt den Liedtext und die eingefügten Calls. Die Figurenfolge wiederholt sich viermal. Neu eingeführt wurde, dass nach jeder Figurenfolge der Tanzpartner wechselte.
Die Zeit war damals einfach reif für diese Tanzart. Sie wurde von der Öffentlichkeit mit Begeisterung aufgenommen und eroberte sich eine feste Position in der amerikanischen Gesellschaft. Nur der zweite Weltkrieg bremste die Entwicklung für einige Zeit.
Zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts
Mit Ende des zweiten Weltkrieges, brachten die amerikanischen Streitkräfte den Square Dance nach Deutschland. Paul Hartmann gründete 1949 in Bremen den ersten europäischen Square Dance Club, für die US-Army. Von hieraus infizierte der Square Dance Virus schon bald ganz Deutschland und die Nachbarstaaten.
Ab den 50er Jahren wurde Square Dance eine Massenbewegung. Die damalige Mode der Petticoats und Jeans, hat sich bis heute in der Tanzkleidung gehalten. Drei technische Entwicklungen kamen dem neuen Tanzstil zu gute:
- Durch Mikrofon und Lautsprecher, kann der Caller ungewohnte und überraschende Anweisungen geben und kann trotzdem verstanden werden.
- Durch die Lautsprecher ist es möglich geworden, hieran auch beliebig große Teilnehmergruppen tanzen zu lassen.
- Durch die Schallplatte wurde es möglich, beliebig oft in kleinen Gruppen zu tanzen, weil keine Live-Musik erforderlich war.
Seit 1946 gab es auch Zeitschriften, die monatlich neue Calls verbreiteten. In der weiteren Entwicklung wurden die alten Tanzformationen in ihre Elemente (Basics) zerlegt und in neuen Zusammenstellungen getanzt. Es gab auch Caller, die sich dadurch hervortun wollten, dass sie neue Basics erfunden haben. In den 60er Jahren führte dies dazu, dass man wöchentlich in seinem Club tanzen musste, um nichts zu verpassen. Wer drei Wochen pausierten musste, kam mit den vielen neuen Basics kaum noch klar. Dies führte bei den Tänzern zu einigem Unmut.
Eine Gruppe hervorragender Caller kam 1972 zusammen und gründete mit dem CALLERLAB eine Vereinigung für Caller. Ihr Ziel war, die Flut der Basics in geordnete Bahnen zu lenken. 1975 wurde eine Liste von 120 Basics vereinbart und veröffentlicht. Diese wurden als Mainstream (Hauptstrom) angesehen. Wir sprechen heute zwar immer von ca. 70 Basics, weil hier einige zusammengefasst sind. Würde man diese zerlegen, wären es die besagten 120 Basics. Seitdem ist es möglich, wenn man diese Basics gelernt hat, als graduierter Mainstream-Tänzer international in allen Claubs und auf allen Veranstaltungen mit diesem Level zu Tanzen.